Gehen oder bleiben?

Heute möchte ich eine Geschichte aus einem pferdegestützten Coaching für ein Paar in Hamburg mit dir teilen. Die Frage, mit der sie kamen, war: Gehen oder bleiben wir? Dieses Erlebnis hat mich tief berührt. 

Hat eure Ehe noch eine Chance verdient?  

Gehen oder bleiben?
Eine Eheberatung mit Pferden

Eine Frau. Ein Mann.
Ein Paar?
Die Frau kommt voller Energie den Weg entlang. Der Mann trottet hinterher. Sicherheitsabstand bei beiden. 
 
Was alles liegt in diesem Abstand?
 
Sie gehen den gleichen Weg, aber nicht mehr zusammen.
Und deshalb sind sie hier bei uns, den Pferden und mir. 
An diesem geschützten Ort möchten sie sich begegnen. 
 

Ist unsere Ehe eine Partnerschaft? Trennen wir uns nach 25 Jahren? 

Nennen wir sie Martha und Thomas.
Mitte zwanzig waren sie, als sie sich kennenlernten.
Da war Liebe, sagen sie, vor diesen vielen Jahren.
 
Nach einigen Jahren kamen ihre gemeinsamen Kinder in ihr Leben.
Viele schöne Erlebnisse teilten sie, viel Verantwortung auch.
Und viele Jahre ohne Zeit zum Nachdenken, Nachspüren.
Keine Zeit für „Wie geht es eigentlich mir? Dir? Uns?”
 
Und jetzt?
20 Jahre später ist das letzte Kind ausgezogen.
Leere in den Zimmern des schönen Hauses. Leere in ihnen.
Nach der gemeinsamen Vision des Kinderliebens haben sie keine neue gefunden.
Keine, die ihnen zusammen gehört.
 
Es scheint zu spät.
 
Sie reden nicht mehr viel. Verbringen nur noch wenig Zeit miteinander.
Jeder geht für sich. Dabei entwickelt sich ganz von alleine ein Bild vom weiteren Leben.

In jedem von ihnen ein anderes.

Wenn wir keine gemeinsame Vision mehr haben, trennen sich unsere Wege. 

Plötzlich stehen sie auf dem Pfad, den sie bisher gegangen sind, an einer Weggabelung. 
Sie sehen die Wegweiser, die sie in die eine oder andere Richtung locken wollen.
Was steht darauf? Noch können sie es nicht erkennen. 
 
Welche Richtung werden sie nehmen, wenn sie die Aufschrift entziffert haben?
Werden sie sich für die gleiche Abzweigung entscheiden?
Werden sie gemeinsam weitergehen?
 
Und: Wenn es der gemeinsame Weg wird, wie werden sie sich begleiten?
Sie vorneweg und er hinterher, so, wie in der letzten Zeit?
So, wie hier auf dem Platz?
Oder gibt es noch das Bild eines
❤️ Rücken an Rücken?
❤️ Hand-in-Hand?
❤️ Herz an Herz? 
 
Nicht im vergangenen Jahr, da war so viel Kampf. Sie sind müde.
Heute möchten sie herausfinden, wie es weitergehen kann. 

 Sie waren so müde vom Kämpfen.

Ich spüre mich ein.
Es wirkt, als umgäben Martha rote Zacken; ein Feuer lodert um sie.
Ein Feuer, das Veränderung will. Das zerstört und mit seiner Wärme wieder aufbaut. 
 
Was will sie zerstören? Was hält sie sich vom Leib?  
Ihre Ehe, ihren Mann?
Was möchte neu entstehen?
Phönix aus der Asche.
Wer ist Phönix?
Ist das sie?
Ist das ihre Ehe?

In einer Ehe sitzen immer auch die Eltern mit am Tisch: Was ist das Alte aus Marthas Kindertagen, das gesehen und verbrannt werden muss, damit sie sich wieder öffnen kann? 

In einer Ehe sitzen immer auch die Eltern mit am Tisch. 

Und er? Ich spüre eine grau-schwarze Wolke. Zäh. Da kommt das Feuer nicht hindurch. 
Keine  Veränderung, kein neues Leben. 
 

Martha und Thomas stehen jetzt auf dem Platz gemeinsam mit meiner Stute. 

“Hogaza, was braucht es jetzt?”
Die unausgesprochene Frage jedes pferdegestützten Coachings.
Ich weiß, dass mein Pferd sie auch dieses Mal beantworten wird.
 
Martha hat Pferdeerfahrung, sie beginnt mit Hogaza zu spielen.
Thomas bleibt als Zuschauer am Rand des Platzes stehen.
Als Hogaza auch auf ihn zuläuft, weicht er aus.
Komm mir nicht zu nah.

Wer ist noch zu nah?
Thomas, was braucht deine Wolke? 
 
Fragen in mir, die ich für mich behalte.
Hogaza wird die Antwort geben auf das, was wesentlich ist.
 
Mein Pferd bricht das Spiel mit Marta ab.
Kurz bleibt sie noch neben ihr stehen, dann geht sie wieder zu Thomas. Jetzt, da sie vorsichtig ist, darf sie sich ihm nähern. Sehr nah sogar darf sie sich neben ihn stellen.
Sie beginnt, sich das Maul zu schlecken: Stressabbau. 
Hogaza spürt Thomas’  Anspannung, die er über die Jahre aufgebaut hat. 

Jetzt, mit Hogaza neben sich, geht in Thomas’ Körper eine Veränderung vor sich. Kaum wahrnehmbar senken sich seine Schultern ein Stück.

Thomas entspannt sich in die Entspannung des Pferdes hinein.

Ein magisches Einschwingen beginnt: Hogaza senkt den Kopf, immer weiter. Thomas’ Schultern senken sich mit ihr.  
Er entspannt sich in Hogazas Entspannung hinein.
Was mir auffällt: keine Berührung mit der Hand.
Ich hüte mich vor Interpretation. 
Wie wichtig diese Beobachtung war, wird sich später im Nachgespräch zeigen. 
 
Jetzt stupst Hogaza Thomas vorsichtig an.
Martha steht an der gleichen Stelle, an der das Pferd sie zurück ließ.
Sie gibt sich dem Bild hin, das sich vor ihr entwickelt. 
 
In konfliktbehafteten Konstellationen meldet sich häufig das Innere Kind. Was würde es in dir auslösen, wenn ein Pferd dich stehen lässt und sich einem anderen Menschen zuwendet.
Vieles könnte jetzt, da sie alleine steht, in Martha hochkommen: 
  • Eifersucht
  • ein Gefühl des Verlassenwordenseins
  • Trauer
  • Einsamkeit
  • Wut 
Ich sehe zu ihr herüber. Martha hat Tränen in den Augen. Ihr Körper aber ist entspannt. Da ist keine Wut, keine Trauer. Ich sehe tiefes Berührtsein.
 
Während ich noch versunken bin in dieses sanfte Miteinander, geht Thomas ganz plötzlich aus dem Kontakt. Er spannt sich an. 
Und dann, ganz plötzlich, scheint sich etwa in ihm zu erinnern.
 
Jetzt lädt er Hogaza ein, ihm zu folgen, lenkt sie Richtung Martha. Hogaza folgt ihm.

Gehen oder bleiben?

Bei seiner Frau angekommen, scheint Thomas den Impuls zu haben, sich zu entfernen.
Gehen oder bleiben. Für einen Moment meldet sich die Frage wieder. 
In Thomas gibt es eine kurze Bewegung von „weg“.  
Doch dann bleibt er.
Neben Martha. 
Nicht zu nah, aber doch ein bisschen.

Hogaza steht ihnen gegenüber. Aufmerksam.
Ich weiß: sie erspürt die Energie, die zwischen diesen beiden Menschen schwingt.
 
In den Minuten der Entspannung scheint etwas Neues entstanden zu sein. Oder ist es etwas Altes, das wiedergefunden werden darf?
 
Was immer es ist, das Hogaza da entdeckt hat, sie fordert die beiden auf, die Leere mit etwas zu füllen.
Erst gibt sie wieder Thomas einen Stupser am Bauch: “Komm mach was!“ doch da geschieht nichts.
Also wendet sie sich Martha zu; sanft berührt sie sie mit der Nase an der linken Hand: „Hier ist der Raum, nutze ihn.“
Viel zu lange hatten sie ihre Liebe vergessen  

Martha atmet tief durch, wendet sich Thomas zu, und küsst ihn sanft auf den Mund.
Da stehen sie, schenken sich tiefe Augen-Blicke. 

Viel zu lange vergessen.

Hogaza schnaubt. Und geht.
Ich folge ihr.

In dieser einen Begegnung legten Martha und Thomas im liebenden Feld des Pferdes einen wichtigen Grundstein für ihre weitere Begleitung. Es hat mich tief berührt. 

 
Bitte, gebt nicht zu früh auf.
Die Pferde und ich sind für euch da. 

Kathrin
#glücküberzweifel
#selbstwirksamkeit

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